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Laudatio 13.09.2001

Auszüge aus der Laudatio von Frau Dr. Christiane Vielhaber zur Ausstellung „Die DritteDimension“ (Kunst – Fotografie – Architektur) von Monika Bauer am 13. September 2001…

Es ist gerechtfertigt, sowohl in Bezug auf die Thematik dieser Bildfolgen, als auch in Bezug auf die mediale Vorgehensweise von Monika Bauer und ihren konzeptualen Ansatz im Umgang mit städtebaulichen Strukturen, verstanden als Fragmente einer Ganzheit, oder, je nach dem, wie mandie Welt sehen möchte, als Solitäre in einer fragmentierten Umwelt , z. B. Alexander Rodtschenkound seine visionären bzw. utopischen Architekturcollagen ins Gespräch bringen……Arbeiten aus den sog. Bauhaus-Vorkursen, in denen z.B. gelehrt bzw. gelernt wurde, wie man durch das Zerschneiden und Zerteilen gegebener Formstrukturen durch serielles Aufrastern etwa, oder durch scheinbar formwidriges Neuzusammensetzen vorgegebener Ganzheiten, Statik in eine Dynamik überführen kann, wie man mit flachen Elementen Tiefe erzeugen kann, oder wie ein planes Gebilde zu einem als räumlich begriffenen Körper zu mutieren im Stande ist…Diese – ja, was sind sie denn nun – dass diese Bilder? diese Fotografien? diese Collagen? dieseArchitekturen? diese Reliefs? diese nach Prinzipien der Op-art funktionierenden sich scheinbarbewegenden Wandobjekte? diese nach hologrammatischer Methode aufscheinenden und wiederverschwindenden plastisch greifbaren Formen im Raum?, also dass diese eben gerade nicht eindeutig definierbare Kunstsprache letztlich in keine meiner Ismen-Schublade passte und somit auchnicht als „erledigt“ darin verschwinden konnte.Von André Gide stammt der schöne Satz: „Die Wahrnehmung beginnt, wenn die Eindrücke sich ändern.“ Bezogen auf die, ich nenne sie jetzt der Einfachheit halber „Bildwerke“, von Monika Bauergewinnt diese Einsicht an mehrfacher Bedeutung. Die eine habe ich gerade erwähnt. Wenn also mein erster Eindruck Assoziationen zu bereits gesehenen Bildern weckte, so fing ich doch schnellan, sie als eigenständige, so bisher noch nicht gesehene Artefakte wahrzunehmen und zu begreifen. Und meine Einbildungskraft ermöglichte es mir dann auch, mir vorzustellen, wie sich diese Baukörper und umbaute Raumvolumen während des Vorübergehend vor meinen Augen bewegenwürden, wie sie mit einem aggressiven Potential konvex in den Raum drängen würden, wie sie mir dann beim Rückblick nur ihr zweidimensionales „Ätsch“ nachschicken würden, wie mir bei ihrem Anblick die Furcht vor einstürzenden Neubauten in die Glieder fahren würde, und wie ich dannbeim genauen Hinsehen entdecken könnte, dass nichts, weder Erdbeben noch Abrissbirnen die fein gesponnene, oder sogar sorgsam gewebte Statik dieser Architekturen jemals würde erschüttern können. Und, statt eines Unbehagens vor einer prekär anmutenden Instabilität, stellte sich bei mir ein ästhetisch-sinnliches Wohlbehagen ein. Denn wenn da nicht ein Rest bliebe, der mir selbst nach allen bekannten Regeln der Kunst dochnoch ein Rätsel aufgäbe, wenn da auf die Frage, wie ist es gemacht, nur der mit allen Technikengewaschene „homo faber“ antworten würde, geschnitten und geklebt, oder gescannt und gepixelt, statt dass der „homo ludens“ mich gefangen nähme und mir sagte, lass Dich doch einfach nur auf das ein, was Du zu sehen glaubst und vertrau Deiner subjektiven Wahrnehmung, dann hätte ich meinen Beruf verfehlt. Eine, die ihren Beruf, oder besser, ihre Berufung nicht verfehlt hat, ist Monika Bauer. Die Spannung, die sie optisch mit ihrer Topografie der zum Bersten angespannten Baukörper erzeugt, die Versponnenheit ihrer Bildteppiche, die zuweilen sogar den Charakter von bitter notwendigen Stopfereien an krankem, urbanen Gewebe besitzt, die außerordentlich bemerkenswerte Art, mit der Sie das eigentlich Planvolle in eine unplanmäßige Vibration versetzt, die dennoch Gelassenheit verströmt, das hat wahrlich Stil! Auf die verzweifelte Frage ihrer Baumeisterkollegen aus der sog.Gründerzeit : „In welchem Stile sollen wir bauen?“, nachdem alle historischen Stile schon zur bloßen Dekorationsmakulatur verkommen waren, hat sie eine gleichermaßen ernsthafte wie erfrischende, eine ironische, und so aberwitzig das klingen mag, eine wahrhaft konstruktive Antwortgefunden. Dazu kann man sie nur beglückwünschen.